Der Haschischrausch wird von Benjamin als eine kontrollierte Entgrenzung der Sinne betrieben. Er plante sogar, ein wegweisendes Buch darüber zu schreiben.
Er verehrt Charles Baudelaire, der in seinem Buch Die künstlichen Paradiese die Wirkungen des Haschischrauschs beschrieben hat. Er bewundert auch die Surrealisten und befindet, dass sie “die Kräfte des Rauschs für die Revolution gewonnen” haben. Die Nähe zu Baudelaire ließ ihn zum Übersetzer der Tableaux Parisiens werden, die Nähe zu den Surrealisten zum Übersetzer von Teilen des Paysan de Paris von Louis Aragon.
Was Benjamin den Surrealisten jedoch vorwirft, ist ihr “Verharren im Traumbereich”, wodurch sie verpasst hätten, ihrer Revolte eine konstruktive und revolutionäre Dimension zu verschaffen.
Im September 1928, Walter Benjamin ist 36, reist er nach Lugano, Genua und wieder nach Marseille.
Am 29. September durchstreift er mit vom Haschisch geschärften Sinnen allein die Stadt. Am darauffolgenden Tag schreibt er ein Haschischprotokoll, aus dem der Text “Haschisch in Marseille” hervorgeht und das etwas später auch in Teilen Eingang in die Novelle “Myslowitz- Braunschweig-Marseille” findet.
Jean Ballard, der “Haschisch in Marseille” im Mai 1935 in den Cahiers du Sud veröffentlicht, stellt den Text als eine “Beschreibung der physischen und psychischen Zustände dar, in den der Haschisch seinen Autor versetzte” und fügt hinzu, dass die Beschreibung vor einem so “wunderbaren marseiller Hintergrund besonders lebendig geraten” sei.
Für Benjamin ging es darum, auf authentische Weise mit Sinnentgrenzungen zu experimentieren und beschreibend festzuhalten, wie man lernt, sich im Labyrinth der Straßen zu verlieren. Benjamins einsames Herumirren in Marseille zeugt von einem Augenblick bescheidenen Glücks, einer profanen Erleuchtung in einem “sonderbaren Gespinst aus Raum und Zeit.”